K8 Hardy
Merkwürdigste Stellungen


erschienen in INTRO #148 (Ressort Steil) im April 2007

online mit Abbildungen: intro.de/magazin/steil/23040311/k8-hardy-merkwuerdigste-stellungen

Sie gehört zu den Menschen, die eine solche Präsenz haben, dass schon Fotografien von ihr über die Maßen fesseln – man muss einfach hingucken. Das liegt allerdings nicht nur an K8s bestechender Persönlichkeit, sondern vor allem an der eigenwilligen Ästhetik ihrer Bilder.

K8 ist Video-, Performance- und Installationskünstlerin, wurde 1977 in Texas geboren und lebt heute in New York. 2001 gründete sie dort zusammen mit Ulrike Mueller, Emily Roysdon und Ginger Brooks Takahashi mit der ersten Ausgabe eines seither jährlich erscheinenden unabhängigen Journals das feministische gender-queere Künstlerinnenkollektiv LTTR. Die Magazinmacherinnen wollen die Arbeit radikaler Communitys in den Mittelpunkt stellen, deren Ziel grundlegende Veränderung, “queer pleasure” und kritisch-feministische Produktivität ist. Die aktuellste Ausgabe heißt “Do You Wish To Direct Me?”. Angesichts eines solchen Formats müssen hierzulande an Gender-Themen Interessierte wieder mal neidvoll über den Atlantischen Ozean blicken – wieso schaffen die USA, was in Mitteleuropa nicht möglich zu sein scheint: Gender-Themen-verpflichtete Magazine zu entwickeln, die klug und unterhaltsam sind und auch noch eine nennenswerte Leserschaft finden?


Seit 2004 macht K8 Hardy außerdem eigene kleine Modemagazine. Von “Fashionfashion” sind bisher vier Ausgaben erschienen. Sie alle sind voll von Bildern mit K8 Hardy, die in unterschiedlichsten Klamotten und Posen als Model vor der Kamera agiert. Die Bilder widersprechen mit ihrem handgemachten Charme jeglicher konventionellen Fashionfotografie-Ästhetik, ebenso wie das Model K8 selbst eher nicht den üblichen Schönheitsidealen entspricht.

Ihre Art, sich zu präsentieren und in den merkwürdigsten Stellungen vor der Kamera zu posieren, macht allzu deutlich, wie sehr wir an bestimmte Posen und Looks gewöhnt sind, wie sehr unser Blick durch heterosexuelle und besonders durch Mann-guckt-Frau-an-Sichtweisen geprägt ist. Das Bemerkenswerte an K8 Hardys Fotos ist, dass sie zugleich abstoßend und einnehmend wirken. Auf einem Bild turnt K8 gut gelaunt auf einer Fensterbank herum, lacht ansteckend freundlich in die Kamera und präsentiert dabei zwischen ihren weit gespreizten Beinen die Blutflecken auf ihrer Unterhose. Das Bild demonstriert eindrücklich, dass man auch heute noch angezogen und gewaltlos an Tabus rühren kann, und bildet sozusagen das weibliche Pendant zu Albert Oehlens berühmtem Gemälde “Selbstporträt mit verschissener Unterhose und blauer Mauritius” von 1984.

Ohne Zweifel gehören die kleinen “Fashionfashion”-Hefte zum Allerbesten, was die Künstlerin bislang gemacht hat – und zum Besten, was in letzter Zeit überhaupt zum Diskurs “Fashion” von künstlerischer Seite beigetragen wurde.

K8 Hardys mit Wynne Greenwood produzierter “New Report Live” war kürzlich in der Londoner Tate Modern Teil der Ausstellung “Media Burn”, die die Grenzen zwischen Kunst, Politik, Protest und den Medien auslotete (großartige Arbeit des Düsseldorfer Künstlers Jens Ullrich dabei!). In ihrem Video performen Greenwood und Hardy als Nachrichtensprecherinnen Henry Stein-Acker-Hill und Henry Iragary des fiktiven feministischen Newschannels WKRH, befragen Freundin Lisa zu ihrer Schlaflosigkeit aufgrund von Kraftlosigkeit und Angst, berichten aus der Badewanne von der heilenden Wirkung eines warmen Vollbades und sind live bei einer BH-Verbrennung dabei – die politische Inbrunst der 1960er, der kämpferische Feminismus der 1970er und die ewigen News und Selbstentblößungen unserer Gegenwart ergeben hier eine einigermaßen wahnsinnige Mischung.