Unterstützung künstlerischer Produktion im arabischen Raum
Die 9. Sharjah Biennale
bis 16. Mai 2009

Erstveröffentlichung in: Kunstzeitung, April 2009

Keine Frage, Kunst aus dem arabischen Raum wird immer noch – oder mehr denn je – als schwer angesagter Trend gehandelt: das Museum of Modern Art, New York, war mit einem großen Aufgebot vertreten, und die Tate Modern hatte ihre Kuratoren gleich im Rudel geschickt – an den Eröffnungstagen der 9. Sharjah-Biennale Mitte März tummelte sich (gefühlt) mindestens die Hälfte der westlichen Kunstwelt in Sharjah und seinem Nachbaremirat Dubai, in dem zur selben Zeit die Kunstmesse Art Dubai stattfand.

Obwohl Sharjah als das konservativste der arabischen Emirate bekannt ist, fördert Sharjahs Oberhaupt Scheich-Sultan bin Mohammed Al Qasimi nun schon zum 9. Mal eine Biennale zeitgenössischer Kunst, als deren Direktorin Scheicha Hoor Al Qasimi fungiert. Daher verfügt die Biennale über ein Budget, von dem manch europäische Kunstinstitution nur träumen kann. Und so kann sie sich neben einem umfangreichen Begleitprogramm, das die mehrtägige Konferenz „March Meeting“ einschließt, auch ein ungewöhnliches kuratorisches Konzept leisten: Jack Persekian, ein in Ost-Jerusalem lebender armenischstämmiger Palästinenser und seit 2005 künstlerischer Leiter der Biennale, wollte vor allem ortsbezogene Werke zeigen: „Unser Anliegen ist es, künstlerische Produktion zu ermöglichen, besonders für Künstler der arabischen Welt, die es mangels Förderung oft schwer haben, ihre Projekte zu realisieren.“ 

Also veranstaltete Persekian eine öffentliche Ausschreibung – aus 250 Einsendungen suchten er und die beiden Kuratoren Isabel Carlos und Tarek Abou El Fetouh 29 Künstler aus und vervollständigten diese Auswahl um weitere 29 Künstler, darunter Ayse Erkmen und Lawrence Weiner. Auf ein Thema verzichtete das Kuratorenteam, um „vorschnelles Einordnen in thematische Schubladen zu vermeiden und den Betrachter nicht des eigenständigen Denkens zu entheben“, wie Persekian es ausdrückt. Sich selbst befreit der künstlerische Leiter damit, mehr oder weniger elegant, vom Anspruch der thematischen Kohärenz seines kuratorischen Konzeptes – ein durchaus legitimer Ansatz angesichts von Gemischtwarenladen-Biennalen mit übergestülpten Themen von fast beleidigender Beliebigkeit.

In den schwierig zu bespielenden Kojen des Kunstmuseums und auf dem umgebenden Kunst-Areal von Sharjah sind nun eine ganze Reihe schwacher Arbeiten zu sehen, manche sind für europäische Betrachter vor allem – oder nur – unter kontextuellen Gesichtspunkten interessant. Aber es gibt auch starke Arbeiten, darunter: eine begehbare Box, die Sufi-Meditationen erlebbar macht, von Hamra Abbas, die einen der fünf Preise der Biennale gewann, N S Harshas Flaggen-und-Nähmaschinen-Installation, Ayse Erkmens „korrigierter“ Raum, Nikolaj Bendix Skyum Larsens berührende Zweikanalvideo von indischen Gastarbeitern in Sharjah und ihren Familien in Goa und Sophie Ernsts wunderbare Videoinstallation „Home“, die eindrücklich persönliche und kollektive Erinnerung sichtbar macht.