Preview Berlin
Heißer Ofen
„Preview Berlin“, Backfabrik Saarbrücker Straße, Berlin. Vom 29. September bis 3. Oktober 2006, 14-21 Uhr.

erschienen am 2. Oktober 2006 auf artnet.de: artnet.de/magazine/preview-berlin


Rund 50 Aussteller haben sich zur Preview Berlin in der Backfabrik eingefunden, über 250 Galerien hatten sich um die Teilnahme beworben, 22 der Ausgewählten sind zum ersten Mal dabei. Die erst 2005 von Kristian Jarmuschek, Tobias Kuttner, Rüdiger Lange und Ralf Schmitt initiierte Preview etabliert sich als Messe junger und vor allem professioneller Galerien. Damit weckt sie auch das Interesse der internationalen Sammler- und Kuratorenschaft, die bereits zur Eröffnung am Donnerstagabend zahlreich erschien. Ganz klar sind noch die Berliner Galerien in der Überzahl. Aber auch Düsseldorf, Köln und Hamburg, Zürich, London, Chicago mit der Wendy Cooper Gallery und gar Puerto Rico mit Punto Gris sind vertreten.

Neben Galerien nehmen ebenso Produzentengalerien und Projekträume teil. Das unterstreicht das wohl immer noch intendierte Flair des Unkonventionellen und Brandneuen. Dabei ist zum Beispiel Diskus, Berlin, ein Zusammenschluss von neun jungen Bildhauern aus Dresden, die fast alle an der dortigen Akademie 2004 ihren Abschluss gemacht haben. 2005 warfen sie ihren „Diskus“ nach Berlin und ab März 2007 wird eine von ihnen, Birgit Ostermeier, die Leitung übernehmen und das Projekt in den Status einer klassischen Galerie überführen. An ihrem Stand weckt besonders Heinz Schmöllers Hund 2 die Aufmerksamkeit (1.200,- Euro). Daneben fallen die Acht Paare von Britta Jonas auf (2.800,- Euro).

Wie auf dem ART FORUM haben die meisten Galerien eine Auswahl aus ihrem Galerienprogramm mitgebracht. Und wie dort gelingt nur wenigen eine wirklich stimmige Präsentation, die über eine reine Verkaufsschau hinausgeht. Gelungen ist es jedoch unter anderem staubkohler aus Zürich mit Arbeiten unter anderen von Tom Huber und Filib Schürmann. Auch das seit 1989 bestehende Berliner Künstlerinnenprojekt Goldrausch überzeugt mit einer qualitätvollen kleinen Gruppenausstellung ihrer aktuellen Stipendiatinnen, darunter Fotografien von Christine Wodlitschka, ein Bild von Heike König (1.200,- Euro), kleine Gemälde von Johanna Oenicke (800,- Euro) und – besonders schön – eine schon verkaufte Fotografie der spanischen „Sportkünstlerin“ Tere Recarens mit einem Hochspringer in Aktion in einem Berliner Hinterhof (keine Preisangabe).

Auch Amerika, Berlin, zeigt eine Auswahl von Arbeiten der hauseigenen Künstler, darunter Monet von Dirk Scheidt (3.200,- Euro) und Stuhl Nr. 7 von Alexej Meschtschanow (3.600,-). Der 1973 in Kiew geborene und heute in Berlin lebende Meschtschanow gilt seinem Galeristen Sebastian Klemm als heißer Tipp. Ein Blick auch auf andere Arbeiten des Künstlers scheint ein aufmerksames Im-Blick-Behalten in der Tat zu rechtfertigen.

Am 27. Oktober eröffnet SITE – das im Preview-Programm noch als N.N. geführt wird – in Düsseldorf seine neuen Räume wird damit Galerie. Seit acht Jahren gibt die Projektgruppe um Petra Rinck und Ralf Brög das Kunstmagazin SITE mit Editionen von Liam Gillick, Manfred Pernice, Thomas Scheibitz und Gerhard Wittmann und anderen heraus und hat schon als „artist runned space“ Ausstellungen und Projekte organisiert. Auf der Preview Berlin stellt sich SITE mit eigenen Editionen vor. Von Thomas Scheibitz’ zehn Originalzeichnungen ohne Titel (je 1.800,- Euro) waren schon am Sonntag vier verkauft. Ralf Brögs Melancholieboxen (12 verschiedene Unikate, 520,-/550,- Euro) waren zu Beginn der Messe mit vier Exemplaren vertreten, eine ist bereits im Einkaufskorb eines Sammlers gelandet. Außerdem im Angebot Siebdrucke von Sturtevant (562,-/511,- Euro).

Für One-Woman-Shows hat sich die Düsseldorfer Galerie Michael Cosar mit Arbeiten von Melissa Gordon entschieden und DinA4 aus München mit digitalen Zeichnungen und einem noch nicht abgeschlossenen Video von Katja Eckert. Zwischen den mitunter wie Gemischtwarenläden daherkommenden Ausstellungen anderer Galerien sind solche konzentrierten Einzelpräsentationen von viel versprechenden jungen Künstlern sehr wohltuend.

Es macht Spaß, über die Preview Berlin zu schlendern. Viele Arbeiten wirken mittelmäßig. Doch wie sollte es bei einem solchen Konzept anders gehen? Das spricht also nicht gegen die Messe. Manches wirkt ein wenig zu sehr um den Effekt bemüht – zum Beispiel, wenn die Kölner Galeristin Marion Scharmann regelmäßig eine vor Fotolampen aufgehängte Jeans von Stefan Burger mit der Sprühflasche befeuchten muss, damit sie dampft; vor Davide Gallo, Berlin, ein kleiner Junge auf dem Boden sitzt und Bilder aus Illustrierten ausschneidet oder bei Martin Mertens, Berlin, Katharina Mössingers vermeintlich toter Fisch plötzlich zuckt und damit Überraschungsschreie des Publikums provoziert (4.500,- Euro).

Die Stimmung ist gut – und natürlich beteuern alle Galeristen, dass der Verkauf gut laufe, wobei auf genaueres Nachhaken doch auch zu Tage tritt, dass viele Interessenten erst einmal reservieren und damit die Verkäufer teilweise zur Weißglut treiben. Vielleicht ist dies als typisches Symptom einer relativ jungen und noch nicht so kaufkräftigen Käufergeneration zu werten, die noch neu im Sammlergeschäft ist und sich nicht leicht festlegen kann oder will.