Viel zu tun haben wir alle.

veröffentlicht in: IDK, September 2010

Zu Terminen zu spät erscheinen, Atelierbesuche ohne rechte Vorbereitung machen, nicht gleich als „wichtig“ zu erkennende Menschen ignorieren, Anfragen nicht beantworten, lang geplante Vorträge aus dem Stegreif halten – was in anderen Branchen als Zeichen von schlechtem Management gewertet wird, scheint im Kunstbiz nicht nur verzeihlich zu sein, sondern zum guten Ton zu gehören.

Auch dazu gehört das ständige Reden darüber, wie unglaublich viel man zu tun habe, weswegen man zu nichts mehr richtig komme: Museumskuratoren haben dauernd Meetings und Abendessen, selbständige Ausstellungsmacher müssen ständig reisen, Kunstjournalisten haben immerzu Deadlines einzuhalten, und alle anderen wissen sowieso gar nicht mehr, wie sie das alles schaffen sollen – das klingt wichtig und dringend und wird zudem als Rechtfertigung für oben genannte Respektlosigkeiten benutzt.

Klar: von Künstlern in ihrer klassischen Rolle als gesellschaftliche Außenseiter wird erwartet, dass sie sich nicht an Konventionen halten, unbegabt in Dingen des Alltags sind und schön exzentrisch rüberkommen. Alle anderen haben aber eigentlich keine Entschuldigung für solch Verhalten. Es steht zu vermuten, dass hier eine Verwechslung vorliegt, darum sei festgestellt: die Missachtung von Umgangsformen ist nicht gleichzusetzen mit künstlerischer Denkweise, schlechte Vorbereitung nicht mit unkonventioneller Nonchalance, und wenn der eigene Stress an andere weitergegeben wird, dann ist das nur eins: unprofessionell.